Progressive Muskelentspannung heißt zunächst: Anspannen!
Das Problem: Die meisten von uns haben sich an diese Verkrampfungen bereits so sehr gewöhnt, dass wir sie gar nicht mehr wahrnehmen. Die Progressive Muskelentspannung macht Dich wieder sensibel für den Zustand der Anspannung und bringt Dir bei, verspannte Muskelgruppen bewusst zu lockern.
Muskelgruppe für Muskelgruppe
Entwickelt wurde die Progressive Muskelentspannung in den 1920er Jahren. Alltagsstress, Verlustängste und soziale Konflikte waren auch damals schon ein großes Thema. Es dürfte Dich daher wenig überraschen, dass die Frage, wie mit diesen Herausforderungen am besten umzugehen sei, Gegenstand von viel Forschung war.
Der US-amerikanische Arzt und Physiologe Edmund Jacobson, der als Begründer der Progressiven Muskelentspannung gilt, forschte sogar über zwanzig Jahre lang an dieser Thematik. Nach Fachpublikationen in den späten 1920er Jahren wurde sein Hauptwerk You must relax im Jahr 1934 der breiteren Öffentlichkeit bekannt. Man spricht daher manchmal auch von der progressiven Muskelentspannung nach Jacobson.
Jacobsons Forschungsergebnisse
Progressive Muskelentspannung von Kopf bis Fuß
Vorbereitung: Eine Einheit dauert insgesamt ca. 30 Minuten. Sorge dafür, dass Du in dieser Zeit nicht gestört wirst. Schließe die Augen und mache Dir Deine Atmung und Dein Körpergefühl bewusst. Sobald der Atem ruhig und gleichmäßig fließt, kannst Du zu den Übungen übergehen.
Übungen: Einzelne Muskelgruppen werden nacheinander zunächst angespannt und anschließend bewusst entspannt. Auf diese Weise macht sich die Entspannungswirkung nacheinander in den Händen und Armen, in Gesicht und Kopf, in Oberkörper, Rücken und Bauch und schließlich in den Beinen, dem Po und den Füßen bemerkbar.
- Rückholung: Nachdem Du einmal komplett durch alle Muskelgruppen “gewandert” bist, konzentrierst Du Dich wiederum auf Deinen Atem. Atme kräftig und tief ein und aus, strecke und dehne Dich (wie morgens nach dem Aufwachen). Schließe die Entspannungseinheit innerlich ab und genieße den restlichen Tag.
Das erreichst Du mit der Progressiven Muskelentspannung
Beruhigung des vegetativen Nervensystems: Herzschlag und Atmung beruhigen sich, der Blutdruck sinkt, Verdauung und Stoffwechsel arbeiten effizienter.
Erhöhte Widerstandsfähigkeit: Es fällt Dir wesentlich leichter, mit Verspannungen, Drucksituationen und Überlastungsstress umzugehen.
Verbesserte Körperwahrnehmung: In Situationen, die eine ungesunde Verspannung geradezu provozieren (etwa eine unergonomische Arbeitshaltung), erkennst Du besser und schneller, wo Du verspannt bist. Durch die aus der Progressiven Muskelentspannung erlernte Konditionierung kannst Du sofort eine bewusste Entspannungsreaktion herbeiführen.
Schmerzlinderung: Nacken, Schultern, Rücken – Du kennst die üblichen Verdächtigen. Durch die regelmäßige Entspannung aus der progressiven Muskelentspannung wirst Du diese Spannungsschmerzen (auch Spannungskopfschmerzen) endlich los.
- Verringerung von Unruhe und Erregung: Symptome von Nervosität wie Schwitzen, Zittern oder Herzklopfen werden spürbar verringert.
Vorsicht bei Psychosen und Muskelerkrankungen
Obwohl die Progressive Muskelentspannung zu den Entspannungstechniken in Ruhehaltung gezählt wird (weil Du sie im Sitzen oder Liegen durchführst), ist sie gleichzeitig eine körperbetonte Entspannungstechnik – Du arbeitest ja hauptsächlich mit Deinem Körper. Das unterscheidet die progressive Muskelentspannung beispielsweise vom Autogenen Training und rückt sie näher an das Qigong.
Daher ist in einigen Sondersituationen Vorsicht geboten, etwa bei Muskelkrämpfen oder chronischen Muskelerkrankungen, bei Panikattacken oder Depressionen sowie in einer akuten Episode von Psychose. In diesen Fällen sollte auf jeden Fall Rücksprache mit einem Arzt gehalten werden, bevor die Progressive Muskelentspannung zur Anwendung gelangt.